Angezogen durch die beeindruckenden Farben der Landschaft, das Licht und den hohen Himmel über dem Moor, ließen sich Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Malerinnen und Maler im kleinen niedersächsischen Ort Worpswede nieder. Zu ihnen gehörten namhafte Künstler wie Fritz Mackensen, Otto Modersohn und Paula Modersohn-Becker; 1914 kam der Bildhauer Bernhard Hoetger nach Worpswede. Während seines Schaffens in und um Worpswede erbaute Hoetger unter anderem 1925 das Kaffee Worpswede; kurz darauf folgten das dazugehörige Logierhaus und die Große Kunstschau. In diesem sogenannten „Hoetger-Ensemble“ durchdringen sich Architektur, Landschaftsgestaltung, Bauskulptur, Bildhauerei, Malerei und Möbelentwurf – mit jedem Gebäude zielte Hoetger auf das Gesamtkunstwerk. Heute zählt das denkmalgeschützte Kaffee Worpswede zusammen mit den anderen Gebäuden des Hoetger-Ensembles zu den wenigen erhaltenen Beispielen des norddeutschen architektonischen Expressionismus.
Insbesondere das Kaffee Worpswede stellte eine zentrale Attraktion des international bekannten „Künstlerdorfes Worpswedes“ dar. Hoetger stellte das Gebäude gut sichtbar auf eine Anhöhe, umgeben von Kiefern und zu einer Seite geöffnet zur Heidelandschaft. Beim Bau verwendete er vor allem gerundete, geschwungene Formen und kombinierte eigene Gestaltungsideen mit der für die Gegend typischen Klinker- und Fachwerkarchitektur. Für das Mauerwerk kamen ausschließlich aus der Ziegelei ausgemusterte Backsteine, für die Balken Holzzapfen statt Nägel oder Schrauben zum Einsatz; auch das Innere gestaltete Hoetger mit eigenen Kunstwerken und selbst entworfenen Möbeln. Im Volksmund trug das Café schon bald den Namen „Kaffee Verrückt“.
Seit längerem war das Kaffee Worpswede stark sanierungsbedürftig, 2019 wurde es geschlossen. Die jetzt beginnenden Maßnahmen – maßgeblich gefördert durch die Niedersächsische Sparkassenstiftung sowie die Sparkasse Rotenburg Osterholz – sollen helfen, Hoetgers Konzeption des Gesamtkunstwerks wieder stärker in den Vordergrund zu rücken. Dabei werden Wände und Böden restauriert, das äußere Mauerwerk sowie Holzbauteile saniert und mit Arbeiten am Verbindungsbau zwischen der Großen Kunstschau und dem Kaffee die ursprünglichen Funktionszusammenhänge wiederhergestellt.
Tag des offenen Denkmals, 11. September 2022
Kaffee Worpswede im Hoetger-Ensemble
Tag des offenen Denkmals
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